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Technik und Produktion: Wege zu besserer Zusammenarbeit. Die Geschichte einer Hassliebe – und wie man sie auflöst

  • Christian Lutz
  • 23. Mai
  • 4 Min. Lesezeit


„Wir verdienen Geld mit Produzieren – nicht mit Warten.“

Ein Satz, den viele Techniker nur zu gut kennen – und der das eigentliche Problem auf den Punkt bringt: Zwischen Produktion und Instandhaltung besteht oft ein Zielkonflikt. Die einen wollen maximale Auslastung, die anderen planbare Wartung. Wenn beide Seiten nicht abgestimmt handeln, drohen ungeplante Stillstände, steigende Kosten und wachsender Frust. 

Dieser Artikel zeigt, warum dieses Spannungsfeld so hartnäckig ist – und was Sie konkret tun können, um es aufzulösen. Mit klaren Beispielen, praktischen Lösungen und einem Ziel: Mehr Verlässlichkeit durch echte Zusammenarbeit.

Warum sich Produktion und Instandhaltung oft im Weg stehen

Die Konfliktlinie beginnt oft schon bei unterschiedlichen Zielen: Die Produktion misst sich an Output, Termintreue und Effizienz. Die Instandhaltung hingegen verfolgt andere Kennzahlen – wie Anlagenverfügbarkeit, möglichst wenige Stillstände und eine lange Lebensdauer der Maschinen.

Was beide Seiten eint: Niemand will ungeplante Störungen.Und doch scheitert genau dieses gemeinsame Ziel regelmäßig – aus einem einfachen Grund: Wartung bedeutet geplante Stillstände. Und die passen oft nicht in einen eng getakteten Produktionsplan.

Ein typischer Fall aus der Praxis:Das Instandhaltungssystem meldet eine fällige Wartung. Der Techniker bereitet alles vor – Ersatzteile, Checkliste, Werkzeug – und macht sich auf den Weg zur Anlage.Dort wird er vom Linienführer gestoppt: „Heute auf keinen Fall – wir müssen liefern.“ Diese Sichtweise ist nachvollziehbar. Wenn kurzfristig Aufträge reinkommen oder die Maschine stark ausgelastet ist, will die Produktion keine Unterbrechung. Das Ergebnis: Die Wartung wird verschoben. Und mit jeder Verschiebung steigt das Risiko eines ungeplanten Ausfalls – ausgerechnet während der nächsten Großcharge.  Was kurzfristig als Gewinn erscheint, führt langfristig zu Verlust, denn die ungeplanten Störung ist am Ende oft teurer als der geplante Stillstand.

Leider ist aber in vielen Betrieben Realität, dass die Instandhaltung im Feuerwehrmodus läuft. Wartungen finden nur dann statt, wenn die Anlage sowieso steht – oder wenn es schon zu spät ist. Dadurch entsteht ein Teufelskreis: Prävention bleibt auf der Strecke, und die Instandhaltung wird zum reinen Krisenmanager. Die richtige Balance zwischen geplanter und ungeplanter Arbeit zu finden ist sicherlich eine Herausforderung – Ideen wie sie zum richtigen Strategiemix kommen finden Sie hier.

 

Hinter vielen organisatorischen Problemen stecken auch kulturelle Barrieren. Die Instandhaltung sieht sich oft als Retter in der Not, die Produktion als Motor des Unternehmenserfolgs. Wertschätzung ist auf beiden Seiten begrenzt – und das klassische „Wir gegen die“-Denken wird durch getrennte Verantwortlichkeiten, verschiedene Schichtmodelle und fehlende Schnittstellen noch verstärkt.

Kommt es dann zu einem ungeplanten Ausfall, beginnt schnell die Suche nach dem Schuldigen: Hat die Technik zu spät gewartet? Oder hat die Produktion Warnzeichen übersehen? Solche Schuldzuweisungen zerstören Vertrauen – und blockieren jede nachhaltige Verbesserung. Wie man in solchen Momenten professionell und lösungsorientiert kommuniziert, zeigen wir in unserem Artikel zur Kommunikation unangenehmer Nachrichten.


Zwischen Stillstandskalender und Schichtdruck: Was wirklich funktioniert

In der Theorie klingt es einfach: Produktion und Technik stimmen sich ab, planen Wartungsfenster im Voraus und besprechen sich regelmäßig. Doch in der Realität scheitert diese Abstimmung oft – vor allem in dynamischen Produktionsumgebungen mit wechselnder Auftragslage.

Viele Unternehmen setzen daher auf Stillstandskalender oder Shopfloor-Meetings. Wartungen werden im Voraus vorbereitet, aber erst kurz vor der Umsetzung wird geprüft, ob das geplante Zeitfenster tatsächlich verfügbar ist. Dieser zusätzliche „Go/No-Go“-Moment ist entscheidend: Er schützt die Produktivität der Produktion – und verhindert Frust in der Technik, wenn vorbereitete Arbeiten kurzfristig abgesagt werden müssen.


Offene Kommunikation ist dabei der Schlüssel: Die Technik muss wissen, dass Verschiebungen möglich sind. Die Produktion muss verstehen, dass jedes Verschieben ein Risiko für ungeplante Stillstände bedeutet. Und die Geschäftsleitung muss akzeptieren, dass ein stabiler Betrieb nur funktioniert, wenn Wartungen planbar bleiben – nicht nur, wenn Maschinen maximal ausgelastet sind. Hier ist ein weiterer Hebel für mehr Verständnis gemeinsame KPIs. Die OEE (Overall Equipment Effectiveness) vereint Verfügbarkeit, Leistung und Qualität – und bietet so eine messbare Brücke zwischen Technik und Produktion. Wenn beide Seiten an derselben Kennzahl arbeiten, entsteht ein gemeinsames Interesse an echter Zusammenarbeit.


Tools und Meetings können bei der Abstimmung helfen. Aber sie ersetzen nicht die Bereitschaft, die Realität beider Seiten anzuerkennen: Die Produktion steht unter Druck, Lieferzusagen aus Marketing und Vertrieb einzuhalten. Die Technik steht unter Druck, die Betriebssicherheit zu gewährleisten.

Wer diese Spannungen ignoriert, fördert Reibung – nicht Zusammenarbeit.

Die eigentliche Stärke liegt in einer offenen, ehrlichen Kommunikation. Zum Beispiel so:

„Wir müssen jetzt gemeinsam durch diese Phase – aber nur befristet.“„Die Wartung wird nachgeholt, sobald es möglich ist – und wir ziehen das zusammen durch.“

Solche Aussagen schaffen Vertrauen – wenn sie glaubwürdig sind.


Was tun, wenn die Maschine nie steht?

Hohe Auslastung ist betriebswirtschaftlich erst einmal eine gute Nachricht. Doch für die Instandhaltung wird sie schnell zur Belastung – vor allem in Betrieben mit Zwei-Schicht-System. Denn dann bleiben für Wartungen oft nur die Nachtstunden oder das Wochenende.

Kurzfristig kann die Technik hier flexibel reagieren – auch nach dem Motto: „Zähne zusammenbeißen und durch.“ Aber dauerhaft ist das keine Lösung. Wer regelmäßig außerhalb der Regelarbeitszeit arbeiten muss, wird überlastet. Die Folge: Gute Fachkräfte wandern ab, neue Bewerber bleiben aus. Und das in einem Arbeitsmarkt, der ohnehin von Fachkräftemangel geprägt ist.


Langfristig braucht es daher eine gerechtere Verteilung der Belastung:

Auch die Produktion muss bereit sein, gelegentlich Wochenendschichten zu übernehmen – damit unter der Woche Zeitfenster für Wartungen geschaffen werden können. Nur so entsteht ein tragfähiger Rhythmus, der beide Bereiche schützt.


Noch extremer wird es im 24/7-Betrieb. Wenn eine Anlage wirklich durchgehend läuft, sind klassische Wartungsstrategien kaum mehr umsetzbar. Doch genau das ist ein Warnsignal: Ein Betrieb ohne Zeit für Instandhaltung ist überlastet. Spätestens dann müssen strukturelle Maßnahmen her:

  • Zusätzliche Maschinen oder Linien schaffen

  • Redundanz einplanen

  • Geplante Puffertage oder technische Wartungsfenster einführen

Denn eines ist sicher: Wer Instandhaltung nur noch „irgendwo dazwischen“ machen will, riskiert Ausfälle, Kosten – und den Verlust seines Personals.


Am Ende zählt die Zusammenarbeit – nicht die Zuständigkeit

Wartung und Produktion sind keine Gegenspieler – sie verfolgen nur unterschiedliche Perspektiven. Genau deshalb braucht es gegenseitiges Verständnis und aktives Schnittstellenmanagement.

Denn wenn geplante Wartungen regelmäßig scheitern, werden sie früher oder später durch ungeplante Stillstände ersetzt. Und die sind in der Regel teurer, unkontrollierbarer und belastender für alle Beteiligten.

 

Die Beziehung zwischen Produktion und Instandhaltung ist kein Nebenschauplatz – sie ist zentral für Effizienz, Verfügbarkeit und Zukunftsfähigkeit. Wer hier nicht nur kurzfristig denkt, sondern Zusammenarbeit fördert, wird langfristig stabiler, kosteneffizienter und weniger störanfällig produzieren.

 
 
 
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